Maine-Anjou-Zucht in Deutschland

Jörg Bremond vom Fleischrinder Journal berichtet über die Pioniere, die sich mit dieser Rasse angefreundet und inzwischen einen Verband gegründet haben.

Textquelle: Fleischrinder Journal 04/2012

Die Rasse Maine-Anjou aus Frankreich ist bisher vielleicht nur wenigen Rinderzüchtern bekannt. Einige wenige haben sich in Deutschland an die Zucht dieser imposanten Rasse aus unserem Nachbarland gemacht.

Die Vielfalt in der deutschen Mutterkuhhaltung ist immer wieder überraschend. Bedingt durch äußerst unterschiedliche Standorte, ökonomische betriebliche Ausrichtungen und die Vorlieben unserer Züchter zeigt sich ein bunter Reigen an Fleischrinderrassen.

An einem klassischen Mittelgebirgsstandort, der Paderborner Hochfläche im westfälischen Bad Wünnenberg, an der Grenze zwischen Sauerland und Ostwestfalen-Lippe hat Reimund Lesen (44) seinen Betrieb. Wie viele hat auch er seinen Hof von den Eltern ererbt. Die Familientradition verpflichtet und motiviert ihn zum Erhalt der Landwirtschaft.

Er bewirtschaftet mit seiner Frau Heike einen 12-ha-Betrieb, und auch die Kinder Adrian (14) und Marie-Theres (11) sind mit Eifer bei der Sache. Neben 6 ha Grünland werden die restlichen Flächen als Acker genutzt.

Hauptberuflich ist Reimund Lesen im Landesbetrieb Wald und Holz Nordrhein-Westfalen beschäftigt. Hier arbeitet er im Bereich „Waldpädagogik“ und vermittelt Wissen rund um Wald und Natur an Kinder im Schulalter. Mit sozusagen zwei grünen Berufen ist er fest in der Natur und auch seiner Heimat verwurzelt.

Auch die Landwirtschaft kennt Reimund Lesen seit seiner Kindheit. Rotbunte Kühe zum Melken hat es früher auf dem Betrieb gegeben, so richtig schwere, kalibrige Kühe, so wie sie bis in die 1970er Jahre noch waren. „Das mit dem Melken“ ist heute ja in den gegebenen Strukturen eher unüblich und ökonomisch und arbeitswirtschaftlich einfach nicht zu leisten, aber Rinder gehören nun einmal zu einem landwirtschaftlichen Betrieb und stehen in der Familientradition der Lesens.

Mit der Rasse Maine-Anjou hat sich die Familie für eine hier vielleicht noch eher unbekannte Rasse entschieden. Auf den ersten flüchtigen Blick erinnern sie mit ihrer Zeichnung an die alten Rotbunten. Zudem wurden in den frühen 1970er Jahren schon einmal Bullen der Rasse Maine-Anjou über die nahe gelegene Besamungsstation angeboten, wie Reimund Lesen anhand alter Besamungskataloge dokumentiert. Auch auf den Schauen der DLG in den 1980er Jahren wurde die Rasse schon präsentiert, und sie erweckte sein Augenmerk.

Jedenfalls ist es auch eine ganz aktuelle Fleischrinderrasse, die ihre Herkunft im Namen trägt. Das Anjou ist eine der sogenannten „historischen Provinzen“ in Frankreich und liegt am Unterlauf der Loire. In dieser vom Klima nicht gerade benachteiligten Region steht die züchterische Basis für die Rasse.

Mit einer in der Literatur angegebenen Größe bis 144 cm und einem Gewicht bis 900 kg für Kühe und 154 cm und 1 400 kg für Bullen präsentiert sich dem Betrachter ein imposantes Rind. Reimund Lesen berichtet aber von noch wesentlich größeren Tieren und hat sie selbst auch in seiner Herde. Schon diese massigen und wuchtigen Proportionen überzeugen den Betrachter auf Anhieb. Lebenstagszunahmen von weit über 1 600 g sind ebenfalls keine Seltenheit.

Aber noch eine Vielzahl weiterer Vorzüge weiß der Züchter aufzuzählen. Beeindruckend sind die hohen Geburtsgewichte von zum Teil 50 kg und mehr bei einer dennoch ausgesprochenen Leichtkalbigkeit. Ein deutlich erkennbar breites Becken zeichnet hierfür verantwortlich. Ebenso überzeugend und ein ganz wesentliches Element im Handling der Tiere ist ihr gutmütiger Charakter, was auch in der kleinen Herde erlebbar war.

Die ersten Tiere kamen schon im Jahr 2003 direkt aus Frankreich. Antoine Hild, ein renommierter Züchter aus Calembourg, unweit von Saarbrücken, also gleich hinter der Grenze, sorgte für den Grundstock und auch bis heute für Informationen und Wissenswertes rund um die Rasse. So ist Reimund Lesen züchterisch immer im Bilde.

Der problemlose Bezug von Sperma letztlich über die RUW ist dann lediglich ein weiterer Schritt bei der Umsetzung der züchterischen Entscheidungen. Reimund Lesen ist überzeugt von der Rasse und zudem ein engagierter Züchter. Regelmäßig standen Bullen aus seiner Zucht bereits in der Eigenleistungsprüfung und wurden auch auf der „Düsser“ Auktion vermarktet. Ebenso ist die Züchterfamilie seit langem Beschicker der Fleischrindernacht in Hamm. Hier sind auch Sohn Adrian und Tochter Marie-Theres als Jungzüchter schon oft in Erscheinung getreten. Über die Schauaktivitäten hinaus werden auf der ökonomisch zu betrachtenden Seite immer wieder Bullen in Gebrauchsherden verkauft. Die Käufer schätzen hier ganz besonders die Großrahmigkeit.

Mit dem Einsatz der Maine-Anjou-Bullen lassen sich so in den Herden ganz gezielt Kreuzungskühe erzeugen, die dann wiederum in den jeweiligen Herden stehen. Schließlich verbleiben dem Betrieb noch einige Schlachttiere, die direkt an Endverbraucher abgegeben werden. Die positiven Rückmeldungen zeugen auch hier von der Qualität des Produktes Fleisch.

Mittlerweile gibt es schon drei Herdbuchzüchter in Westfalen und einen ganz im Norden der Republik in Schleswig-Holstein. Mit insgesamt 80 Kühen hat sich damit schon eine kleine Züchterschaft in Deutschland etabliert, die jedoch expandieren und weitere Interessenten um sich scharen möchte.

Ganz aktuell hat sich am 13. Oktober 2012 der „Maine-Anjou-Verband Deutschland“ gegründet, der baldmöglichst auch per Internet auf sich und die Rasse aufmerksam machen wird. Reimund Lesen steht als Ansprechpartner zur Verfügung: Telefon: +49 (0) 2953 – 9 96 67, E-Mail: r-h.lesen@t-online.de